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Vermittlung 2.0 – Erfolgsfaktoren des hybriden Vermittlers der Zukunft

Leitantrag des Präsidiums zur Jahreshauptversammlung 2019

Der Versicherungsvertrieb in Deutschland unterliegt vielen externen Einflussfaktoren wie Regulierung, Digitalisierung und der demografischen Entwicklung der Kunden und Vermittler. Auf diese Einflussfaktoren müssen Vermittler Antworten finden, um auch künftig am Markt erfolgreich zu sein. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute bezieht hierzu im folgenden Leitantrag klare Positionen.

1. Regulierung

Die Regulierungswellen überrollen den Versicherungsvertrieb in immer kürzeren Intervallen. In den letzten Jahren hat die Politik mit der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) und dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) sowie der nun beabsichtigten Deckelung von Abschlussprovisionen ordnungspolitisch erheblich in den Markt eingegriffen. Die Grundlagen für diese gravierenden ordnungspolitischen Eingriffe sind für Vermittler jedoch kaum nachvollziehbar.

Deutlich rückläufige Einnahmen bei gleichzeitig historisch niedrigen Beschwerdezahlen über Vermittler beim Versicherungsombudsmann zeigen, dass es keine Interessenkonflikte zwischen qualifizierter Beratung und der Vergütung gibt, die von vielen politischen Entscheidungsträgern und Verbraucherschützern immer wieder unterstellt werden. Vermittler kommen ihrem sozialpolitischen Auftrag auch unter widrigen Bedingungen nach. Vermittler werden auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag bei der Bedarfsermittlung der Verbraucher leisten. Altersvorsorgeprodukte sind erklärungsbedürftig und werden nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn die Verbraucher die Funktion und den Nutzen erkennen. Der Spagat für Vermittler zwischen Bedarfsermittlung bzw. qualifizierter Beratung sowie Kostendeckung wird in Zukunft noch schwieriger werden.

Es ist jedoch fraglich, wie lange diese Leistung kostendeckend erbracht werden kann, wenn die Politik weiterhin ordnungspolitisch in den Markt eingreift. Bereits heute ist ein deutlicher Vermittlerschwund feststellbar, der sich durch weitere Maßnahmen weiter verschärfen wird.

Angesichts der bereits erfolgten Regulierungsmaßnahmen fordert der BVK die politischen Entscheidungsträger auf, keine weiteren gesetzlichen Einschnitte vorzunehmen.

2. Vergütung

Der bürokratische Aufwand in den Betrieben wächst durch die Regulierung von Jahr zu Jahr. Gleichzeitig wurden die Abschlussprovisionssätze für Vermittler je nach Vertriebsweg signifikant gesenkt. Die durchschnittlichen Provisionen beim Neuvertrieb lagen zuletzt bei 2,67 Prozent, und damit ziemlich nah an der Zielmarke von 2,5 Prozent, die bei dem nun beabsichtigten Provisionsdeckel angestrebt wird. Laut Referentenentwurf des BMF sollen Vermittler weitere 1,5 Prozent zusätzlich bei der Einhaltung bestimmter Qualitätsmaßstäbe bekommen können, beispielsweise bei einer niedrigen Stornoquote und zufriedenen Kunden.

Der BVK hat sich stets für gute und qualifizierte Beratung der Vermittler eingesetzt. Die angesprochene niedrige Beschwerdequote über Vermittler zeigt, dass die bisherigen freien Marktmechanismen funktionieren. Aus unserer Sicht kann eine Begrenzung der Provisionen kontraproduktiv auf die Beratungsqualität wirken.

Als Unternehmer müssen Vermittler stets auch die betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit ihres Unternehmens im Blick behalten. Sofern eine kostendeckende Beratung von z. B. beratungsintensiven Lebensversicherungsprodukten nicht mehr möglich erscheint, werden viele Vermittler zunehmend auf andere Sparten und Bereiche ausweichen, was wiederum der privaten Altersvorsorge und dem Kampf gegen Altersarmut einen Bärendienst erweisen wird.

Wir fordern den Gesetzgeber auf, die Pläne zur Deckelung von Abschlussprovisionen zu verwerfen, da kein Marktversagen vorliegt und die Auswirkungen kontraproduktiv sind. Vermittler benötigen eine auskömmliche Vergütung, um ihre Kunden auch weiterhin bedarfsgerecht beraten zu können.

3. Unternehmertum

Vor dem Hintergrund der sich stark wandelnden Rahmenbedingungen wird für Versicherungsvermittler das Thema Unternehmertum im Wettbewerb zukünftig von zentraler Bedeutung sein. Es reicht nicht mehr aus, nur noch ein guter Berater zu sein. Mit dem Selbstverständnis des selbständigen Unternehmers müssen Vermittler ihre Zahlen und ihre Betriebe stets hinterfragen und unter Umständen neu ausrichten und unternehmerische Chancen ergreifen. Der BVK bietet seinen Mitgliedern hierbei eine umfassende Unterstützung an.

Der BVK fordert von den Produktgebern eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe und von der Politik Rahmenbedingungen, die ein freies Unternehmertum fördern und zukunftsfähig machen.

4. Digitalisierung & Onlinevertrieb

Die Gleichbehandlung zwischen stationärem Vertrieb und Onlinevertrieb konnte erfolgreich im Verfahren gegen Check24 gegen große Widerstände gerichtlich durchgesetzt werden. Wir vertreten die Position, dass auch Online-Vermittler die gleichen Rechte und Pflichten erfüllen müssen, wie der stationäre Vertrieb.

In einem neuen Verfahren gegen Check24 setzt sich der BVK für die Einhaltung des Provisionsabgabeverbots ein, das Check24 mit seinen „Jubiläums Deals“ zu umgehen versucht. Auch hier kommt der BVK seiner satzungsgemäßen Aufgabe nach, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Dabei betonen wir, dass Vermittler die Möglichkeiten der Digitalisierung und des Onlinevertriebs nutzen sollten. Alle Marktteilnehmer müssen für einen fairen Wettbewerb jedoch gleiche Regeln einhalten.

Der stationäre Vertrieb ist nach wie vor der mit Abstand wichtigste Vertriebskanal. Dies liegt an der persönlichen Beratung und der engen Beziehung der Vermittler zu ihren Kunden. Der stationäre Vertrieb hat dabei gegenüber dem Onlinevertrieb einen entscheidenden Vorteil. Die Kunden können im Onlinevertrieb durch Vermittler auch hybrid beraten werden. Bei rein digitalen Anbietern fehlt die persönliche Komponente oft völlig. Da die Mehrheit der Kunden persönlich beraten werden will, gilt: „Offline prägt Online“.

Der BVK sieht den Vermittler der Zukunft als hybriden Vermittler, der sowohl stationär als auch virtuell dem Kunden als professioneller Risikoberater begegnet.

5. Demografie

Die demografische Entwicklung bietet große Chancen und Herausforderungen. Eine große Herausforderung ist, dass die im Durchschnitt immer älter werdenden Vermittler sich auf die stark wandelnden Bedürfnisse und das Verhalten der Generationen Y und Z einstellen müssen. Gleichzeitig eröffnet dies gerade jungen Vermittlern hervorragende Berufsperspektiven.

Das Potenzial neuer Absatzwege, zum Beispiel über soziale Netzwerke, wird noch unterdurchschnittlich ausgeschöpft. Der anstehende Generationswechsel im Vertrieb eröffnet damit auch viele neue Potenziale für junge Vermittler.

Der BVK ruft die Versicherungsunternehmen auf, gemeinsam mit dem BVK eine flächendeckende Nachwuchskampagne zu initiieren, um auch in der Zukunft den sozialpolitischen Auftrag der deutschen Vermittler durch eine ausreichende Anzahl von Kundenberatern sicherzustellen.

Fazit

Die Belastungsgrenze der Vermittlerbetriebe durch die regulatorischen Anforderungen und die immer stärkeren monetären Einschnitte in die Vergütung ist erreicht. Wir fordern eindringlich ein Ende der Regulierung, da dies kontraproduktive Auswirkungen insbesondere für die Beratung haben könnte.

Vermittler benötigen eine auskömmliche und nicht nur kostendeckende Vergütung bei beratungsintensiven Lebensversicherungsprodukten.

Mehr Unternehmertum, die Nutzung hybrider digitaler Vertriebswege und sozialer Netzwerke verbunden mit qualifizierter persönlicher Beratung sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren für zukünftig weiterhin erfolgreiche Versicherungsvermittler. Damit prägt Offline auch weiterhin Online.

Verabschiedet durch die Mitgliederversammlung des BVK

Kassel, den 23.05.2019