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Godesberger Positionen 2008 - Gemeinsame Erklärung von BVK, AVV und den Vorsitzenden der Vertretervereinigungen

Die Vorsitzenden der Vertretervereinigungen der deutschen Versicherungsunternehmen, das Präsidium des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute sowie der Arbeitskreis Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz, die zusammen rund 40.000 Versicherungsvermittler in Deutschland vertreten und damit die weitaus größte Interessenvertretung der Versicherungs- und Bausparkaufleute in Deutschland und Europa sind, verabschiedeten am 23. Oktober 2008 in Bad Godesberg die nachstehenden Positionen zum beratungsfreien Vertrieb von Versicherungsprodukten über das Internet und Discounter und setzen sich damit für die Interessen der Verbraucher ein. 

 
FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ UND FAIRNESS
- Erklärung zum Vertrieb über Internet und Discounter -
 
1.      Versicherungsvermittler – ein qualifizierter Beruf  
      Der Versicherungsvermittler hat sich über Jahrhunderte zu einem vom Kunden angesehenen Beruf entwickelt, der ihm sein Vertrauen in allen Vermögensanlagen und Risikoabsicherungen entgegenbrachte. Um dieses Vertrauen zu rechtfertigen, haben sich die Versicherungsvermittler und die unterzeichnenden Verbände erfolgreich für eine gesetzliche Festlegung der Mindestqualifikationen des Vermittlerberufes ausgesprochen und eingesetzt sowie für ein öffentliches Register, das dem Kunden über die Qualifikation des Vermittlers Auskunft erteilt.
 
2.    Imageschaden  
Die Versicherungsunternehmen, die aus Gründen einer profitorientierten Geschäftsausweitung unzureichend qualifizierte und nebenberuflich tätige Vermittler oder Strukturunternehmen eingesetzt und die Gewerbefreiheit des Berufes unreflektiert verfochten haben, haben zu einem Ansehensverlust der gesamten Versicherungswirtschaft geführt, auch und gerade zu Lasten der Versicherungsvermittler.
 
      Versicherungsunternehmen, die ihre Produkte immer häufiger ausschließlich nach Ertragsgesichtspunkten und nicht nach Nachfrage- und Bedarfsanalysen, also nach den Kundenbedürfnissen gestalten, tragen dazu bei, den Imageschaden zu vertiefen.
 
3.     Bedarfsgerechter Versicherungsschutz und Vermögensanlagen erfordern eine qualifizierte Kundenberatung
Nur durch eine kompetente und persönliche Kundenberatung, die auch den gesetzlichen Anforderungen des Versicherungsvertragsgesetzes entspricht, kann der Versicherungsbedarf des Kunden erfragt und festgestellt werden. Erst auf dieser Grundlage kann dem Kunden ein ausgewogener Rat zur Absicherung oder zur Anlage gegeben werden, wobei die berechtigten Provisionsinteressen des Vermittlers nach seinem berufsethischen Verständnis nicht entscheidend für seinen Rat sind.
 
      Der Verbraucher hat einen uneingeschränkten Anspruch auf eine qualifizierte Beratung durch den Versicherungsvermittler.
 
4.     Der Versicherungsvertrieb über das Internet birgt Chancen und Gefahren
      Immer häufiger bieten Versicherungsunternehmen dem Kunden den Abschluss von zumeist standardisierten Versicherungen über das Internet an, der einerseits dem Wunsch des Kunden auf direkten Vertragsabschluss entgegen kommt, andererseits jedoch dem persönlichen Anspruch des Kunden auf spezielle und umfassende Beratung, die erst einen Produktvergleich erlaubt, nicht gerecht werden kann und dem Ansehen der Versicherungswirtschaft und der Versicherungsvermittler schadet. Der Versicherungsvertrieb über das Internet muss sich daher auf Produkte beschränken, die einer Kundenberatung nicht bedürfen und eine Vergleichbarkeit zulassen.
 
5.     Der Vertrieb über Handelsketten unterhöhlt das Gesetz, schadet dem Kunden und dem eigenen Vertrieb
Der Vertrieb von Versicherungsprodukten über Kaufhausketten und Discounter verletzt das jüngst in Kraft getretene Versicherungsvermittlerrecht und die EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung, die zwingend eine Kundenberatung vorsehen und für die Vermittlung nicht nur eine Erlaubnis des Vermittlers vorschreiben, sondern auch eine zentrale Registrierung. Der vermittler- und beratungslose Versicherungsvertrieb stellt eine Aushöhlung des kodifizierten Vermittlerrechts dar, gegen die die zuständigen Behörden vorzugehen aufgerufen sind.
 
       Das „Verramschen“ von Versicherungsprodukten schadet dem Kunden, der in keiner Weise feststellen kann, ob das Produkt seinem Bedarf entspricht und wo es im Wettbewerb unter vergleichbaren Produkten steht.
 
6.     Anerkennung und Fairness
      Fast alle Versicherungsunternehmen sind abhängig vom Erfolg der selbständigen Versicherungsvermittler, ohne die sie ihre Bedeutung in Deutschland und im europäischen Binnenmarkt nicht erreicht hätten. Der Vertriebsweg „Versicherungsvermittler“ stellt die bedeutendste wirtschaftliche Grundlage der Versicherungswitschaft dar. Dieser Erfolg gebietet den Unternehmen Anerkennung und Fairness gegenüber den Versicherungsvermittlern.
 
Mit dem Vertrieb von Versicherungsprodukten über Kaufhausketten und Discounter schaden die Versicherungsunternehmen daher gerade denen, die zur Bedeutung und Stärke der Versicherungswirtschaft beigetragen haben. Sie verweigern Anerkennung und untergraben Fairness.
 
Die deutschen Versicherungsvermittler fordern die Unternehmen zu einem partnerschaftlichen und fairen Verhalten auf, das der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung des Berufsstandes entspricht.
 
 
Bonn-Bad Godesberg, den 23.10.2008