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Der ehrbare Versicherungskaufmann – tragende Säule eines neuen Berufsbildes - Leitantrag des BVK-Präsidiums zur Jahreshauptversammlung 2014 in Berlin

Der BVK fordert alle Beteiligten aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit sowie alle Vermittler auf, die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen bzw. zu unterstützen.

1. Aktive und selbstbewusste Zukunftsgestaltung als Vorbild für die ganze Branche

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) begegnet den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen des Berufsstandes der Versicherungs- und Bausparvermittler mit einem klaren Bekenntnis zur Notwendigkeit der Neuformulierung des Berufsbildes.

Die berufsständische Vereinigung aller Kaufleute, die mit der Absicherung und der Vorsorge ihrer Kunden eine unersetzliche Funktion für den Wohlstand in unserer Volkswirtschaft erfüllen, führt den bereits in den letzten Jahren begonnenen Weg in ein neues und zukunftsfähiges Berufsbild fort und fordert alle Interessierten und Beteiligten aus der Vermittlerschaft, der Versicherungswirtschaft, der Politik und der Öffentlichkeit auf, die Neuorientierung der Vermittler in Deutschland aktiv und neugierig zu begleiten.

2. Neupositionierung des Berufsstandes

Der BVK erkennt, dass die aktuellen und zukünftigen Fragen an den Berufsstand nicht mehr alleine mit den Antworten der Vergangenheit zu lösen sind. Die Veränderung der Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Berufsausübung der Vermittler hat an Komplexität und Dynamik dramatisch zugenommen, und es ist nicht zu erkennen, dass der Veränderungsdruck in der nächsten Zeit geringer werden wird.

Neue Technologien, Informations- und Kaufgewohnheiten einer Klientel, die sich zunehmend von gewohnten Kanälen und Beratungssituationen entfernen, der grundsätzliche öffentliche Legitimationsdruck auf die Versicherungswirtschaft, deren uneinheitliche Geschäftspolitik, die Niedrigzinsphase und die auch weiterhin stark ideologiegetriebenen politischen Aktionen unterschiedlicher Interessenlager gestalten das Arbeitsumfeld der Vermittler unberechenbar und höchst volatil.

Die Unternehmen der Versicherungswirtschaft erkennen die grundsätzliche Bedrohung ihres Geschäftsmodells, lassen es aber weitgehend an einer einheitlichen, langfristig tragfähigen und zukunftssicheren gemeinsamen Aktion mangeln. Die Antworten vor allem der kapitalmarktorientierten Gesellschaften zeigen keine Phantasie, die über das alte „Schneller-Höher-Weiter“ mit den überkommenen Vertriebssteuerungsmaßnahmen erkennbar hinausgeht.

Der BVK sieht aus diesem Szenario nur einen zukunftsfähigen Weg: eine komplette Neupositionierung des Vermittlers und eine aktive Gestaltung der geschilderten Rahmenbedingungen aus eigener Kraft. Die notwendige Kreativität und Durchsetzungskraft fußt in der festen Überzeugung, dass die Vermittler in Deutschland weder bei den Unternehmen der Versicherungswirtschaft noch in der Öffentlichkeit und Politik den Stellenwert und das Ansehen genießen, das ihnen aufgrund ihrer wirtschafts-, gesellschafts- und sozialpolitischen Bedeutung zukommt.

Der BVK wird daher auch weiterhin für das neue Vermittlerbild eintreten und lädt alle interessierten Kräfte ein, den dringend notwendigen Umbau zu unterstützen und mitzutragen.

3. Das Berufsbild des Vermittlers

Das vom BVK entwickelte Berufsbild vereinigt alle Vermittler, unabhängig von Rechtsform, Vermittlerstatus oder der Art der Vergütung. Das neue Berufsbild definiert sich nicht wie bisher schwerpunktmäßig über Rechtsnormen, sondern über die grundsätzliche Haltung und die grundsätzliche Meinung über den ehrenwerten Beruf des vermittelnden Kaufmanns.

Der BVK hat für dieses neue Grundverständnis der Angehörigen des Berufsstandes ein Modell entwickelt, das aus drei untrennbaren Komponenten besteht:

1. dem unbedingten und nachprüfbaren Bekenntnis zu den Tugenden des Ehrbaren Versicherungskaufmanns, wie sie der vom BVK initiierte Verein Ehrbarer Versicherungskaufleute (VEVK e.V.) formuliert und institutionalisiert hat,
2. der festen Überzeugung, dass eine Beratung und Vermittlung im Verbraucherinteresse nur dann durchgeführt werden kann, wenn der Vermittler über den Nachweis der notwendigen Qualifizierung für seine hochkomplexe und verantwortungsvolle Tätigkeit verfügt, wie er in den Weiterbildungsverpflichtungen der vom BVK mit gegründeten Brancheninitiative „gut beraten“ vorgesehen ist,
3. den Eigenschaften, Kompetenzen und dem Selbstverständnis eines Unternehmers, der sich bewusst allen Aufgaben stellt, die mit der Leitung einer Unternehmeragentur oder eines Maklerunternehmens verbunden sind, und aus dieser Grundhaltung heraus selbstbewusst, aktiv und eigenverantwortlich auftritt und handelt.

Der Vermittler neuen Zuschnitts führt - unterstützt von BVK und Vertretervereinigung - die Verhandlungen mit seinen Geschäftspartnern aus der Versicherungsbranche auf Augenhöhe und verhandelt die Rahmenbedingungen und Konditionen seiner Geschäftstätigkeit als selbstbewusst handelnder und verhandelnder Kaufmann, der gesetzgeberische Eingriffe in seine unternehmerische Freiheit, insbesondere durch Provisionsbegrenzung, Verlängerung der Stornohaftzeit sowie verbraucherfeindliche Bürokratisierung, ablehnt.

Nur diejenigen Vermittler, die dieses neue Berufsbild verkörpern, werden zukunftsfähig sein. Durch die Identifikation mit diesen Voraussetzungen für die Ausübung eines ehrenwerten und durch konsequentes und selbstbewusstes Auftreten als Unternehmer gestützten Berufes werden unabdingbar das Ansehen und die Bedeutung des Berufsstandes wachsen.

Der BVK übernimmt mit der Formulierung, Propagierung und Umsetzung im Dialog mit allen beteiligten Interessengruppen eine Vorreiterrolle. Diese ergibt sich aus der festen Überzeugung, damit einen alternativlosen Weg zur Zukunftssicherung des Berufsstandes und zur verbrauchergerechten Versorgung mit dringend notwendiger Absicherung und Vorsorge zu beschreiten.

4. Verhaltenskodex des BVK (Compliance-Regeln)

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat Ende 2012 mit seinem Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten seinen Mitgliedsunternehmen auferlegt, nur noch mit solchen Vertriebspartnern zusammenzuarbeiten, die den Verhaltenskodex des GDV als Mindeststandard anerkennen und praktizieren.

Es entspricht dem Selbstverständnis des BVK als stärkstem Vermittlerverband, eigene Verhaltensregeln auf der Grundlage des neuen Berufsbildes zu formulieren, die für alle BVK-Mitglieder Gültigkeit entfalten.

Neben der Einhaltung von Recht, Gesetz und kaufmännischen Gepflogenheiten steht die Wahrung der Kundeninteressen im Mittelpunkt der Verhaltensregeln. Insbesondere bei Abwerbung und Umdeckung sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften und die unbedingte Wahrung des Kundeninteresses zu beachten. Beratung und Betreuung im Antrags-, Leistungs- und Schadensfall sind untrennbare Tätigkeiten des Vermittlers. Ihre Vergütung ist so zu gestalten, dass die Unabhängigkeit der unternehmerischen Handlungen und Entscheidungen des Vermittlers gewahrt wird.

Der GDV hat die BVK-Verhaltensregeln als gleichwertig zu den Grundsätzen im Verhaltenskodex Vertrieb des GDV anerkannt, wobei die BVK-Verhaltensregeln inhaltlich über die des GDV hinausgehen.

Damit garantiert eine BVK-Mitgliedschaft eine Compliance-konforme Tätigkeit jedem Versicherungsunternehmen gegenüber. Die Mitgliederversammlung fordert die Versicherungsunternehmen auf, diese Verbandslösung in die Praxis umzusetzen und damit das BVK-Mitglied als qualifizierten, tugendhaften und selbstbestimmten Unternehmer anzuerkennen.

5. Flexibilität in der Vergütung für alle Vermittler

Die Provisions- und Courtagevergütung bleibt unsere Leitvergütung. Insoweit beziehen wir uns vollumfänglich auf unseren Leitantrag aus dem Jahre 2012.

Wir geben aber zu bedenken, dass die Versicherungsunternehmen auf veränderte Rahmenbedingungen mit einer unbotmäßig einseitigen Verlagerung der Kostenlast auf die Vermittler reagieren. Exklusivvertriebe werden mehr denn je mit Vertriebssteuerungsmaßnahmen gegängelt, denen jegliche gesetzliche und individualvertragliche Legitimation fehlt. Für alternative Vertriebswege wie Banken, Struktur- und Internetvertrieb werden parallele Produktwelten eröffnet, und bei den eigenen Vertriebspartnern wird der Geist einer gegenseitigen Exklusivität durch Illoyalität verletzt.

Der BVK fordert in der konsequenten Umsetzung seines neuen Vermittlerbildes, beim notwendigen Umbau des Geschäftsmodells auch die Vergütungsformen flexibel für den unternehmerischen Vermittlerbetrieb unabhängig vom Vermittlerstatus zu gestalten. Jeder Vermittler muss aus eigenem unternehmerischem Kalkül heraus die individuelle Entscheidung über eine Vergütungsform treffen können.

Verabschiedet durch die Mitgliederversammlung des BVK
Berlin, den 22. Mai 2014