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IDD-Umsetzung: Verbraucherschutz mit Qualitätsberatung

Leitantrag des Präsidiums

Die nationale Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) wird die Rahmenbedingungen für Versicherungsvermittler für die nächsten Jahre maßgeblich bestimmen. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute bezieht hierzu im folgenden Leitantrag klare Positionen.

1. Kein Vertrieb ohne Beratung 

Versicherungsvermittler erfüllen durch ihre qualifizierte Beratung zur Absicherung der Lebensrisiken ihrer Kunden eine wichtige sozialpolitische Aufgabe. Zudem sind Vermittler gesetzlich dazu verpflichtet, hohe Beratungs- und Dokumentationspflichten zu erfüllen. 
Sie verfügen über den Nachweis der notwendigen Qualifizierung für diese hochkomplexe und verantwortungsvolle Tätigkeit. Außerdem gewährleisten sie über die vom BVK mitgegründete Brancheninitiative gut beraten stetige Weiterbildungsmaßnahmen sowie eine hohe Beratungsqualität. Dies zeigt auch die niedrige Zahl von Beschwerden über Versicherungsvermittler beim Versicherungsombudsmann. Insofern begrüßen wir die Regelungen der IDD zur angemessenen Qualifikation für die Tätigkeit des Versicherungsvermittlers und die Regelung zur beruflichen Weiterbildung für alle Mitarbeiter im Vertrieb im Sinne des Verbraucherschutzes.

Obwohl sich Kunden zunehmend im Internet informieren, bleibt die persönliche Beratung durch Vermittler unersetzbar. Wir fordern, dass für den Online-Vertrieb die gleichen Beratungs- und Dokumentationspflichten gelten müssen wie für stationäre Versicherungsvermittler. Zudem vertreten wir die Position, dass den Kunden nicht suggeriert werden darf, für den Abschluss einer Versicherung sei keine qualifizierte Beratung erforderlich. 

Der BVK fordert, dass generell eine Vermittlungstätigkeit ohne Beratung nicht ermöglicht werden darf, da dies nicht im Sinne des Verbraucherschutzes ist und die gesetzlichen Maßnahmen der letzten Jahre ad absurdum führt!

2. Provisionsabgabeverbot

Der BVK begrüßt ausdrücklich die gesetzliche Verankerung des Provisionsabgabeverbotes im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und dessen klare Bezeichnung in der Gesetzesbegründung als Marktverhaltensregel im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hierfür hatte sich der BVK stets in der Vergan-genheit eingesetzt.

Ein Wegfall dieses Verbotes würde zu einer Ungleichbehandlung der Versicherten führen und all diejenigen begünstigen, die wirtschaftlich stark sind und aus ihrer Position heraus Druck auf die Absenkung der Provision ausüben können. Zudem würde die bestehende soziale Ausgleichsfunktion der Provisionsvergütung entfallen, wodurch hohe Abschlüsse künftig nicht mehr wirtschaftlich niedrige Abschlüsse einkommensschwächerer Kunden mitfinanzieren würden. Geschwächt würden hierdurch insbesondere alle Privatkunden. 

Darüber hinaus hat sich dieses Verbot über viele Jahrzehnte bewährt und dazu beigetragen, dass Verbraucher nicht mit falschem Anreiz zum Abschluss von Versicherungsverträgen verleitet werden, und dadurch die Qualität und Professionalität des Vermittlers weiterhin sichergestellt wird.

Wir sprechen uns zudem dafür aus, das Provisionsabgabeverbot konsequent zu sanktionieren und die Aufsichtsbehörden mit entsprechenden Ressourcen auszustatten, damit das Provisionsabgabeverbot in der Praxis nicht ins Leere läuft, sondern auch geprüft und bei Verletzung entsprechend mit Bußgeldern geahndet werden kann. 

3. Provision und Courtage als Leitvergütung

Der BVK begrüßt die Verankerung der Provision und Courtage als Leitvergütung. Wir haben uns in der Vergangenheit stets für flexible Vergütungssysteme eingesetzt, ohne eine Erweiterung der Honorarberatung grundsätzlich abzulehnen. 
Des Weiteren geben wir jedoch Folgendes zu bedenken: Gemäß Artikel 19 Abs. 1 (e) IDD stehen dem Versicherungsvermittler alle Vergütungsformen offen und damit besteht durchaus auch die Möglichkeit, z. B. auf Basis einer Gebühr zu vermitteln, damit die Vergütung also direkt vom Kunden bezahlt wird.

Insofern begrüßen wir es ausdrücklich, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregie-rung festlegt, dass auch der Versicherungsmakler gegen gesondertes Entgelt Dritten, die nicht Verbraucher sind, Versicherungen vermitteln kann. Wir fordern jedoch in diesem Zusammenhang, dass ebenfalls eine Vergütung für den Versicherungsvermittler unabhängig von der Vertriebsform für Tätigkeiten jenseits der eigentlichen 
Vermittlung möglich sein muss. Diese Vergütung ist als Gegenleistung dann mit dem Kunden zu vereinbaren. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Rechtsprechung des BGHs zur Thematik Nettopolicierung, der bereits im Jahre 2013 (Urteil des BGHs vom 06.11.2013, I ZR 194/12) eine für Vermittler positive Entscheidung getroffen hat. Denn das Gericht hatte die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit bei Vermittlung von Lebensversicherungen zu Nettotarifen, bei gleichzeitiger Vereinbarung einer vom Versicherungsnehmer an den Versicherungsvertreter zu zahlenden selbständigen Vergütung, bestätigt.

4. Transparenzvorschriften 

Wir begrüßen die Nichteinführung einer zwingenden Provisionsoffenlegung. Bereits seit 2008 legen die Lebens- und Krankenversicherer die gesamten Abschlusskosten (Vertrieb und Verwaltung) in Euro und Cent offen. Die Regelung hat sich bewährt. Sie bietet den Kunden einen aussagekräftigen Vergleich der Produktkosten unter-schiedlicher Anbieter. Ein Provisionsausweis als Basis für den Produktvergleich wäre unseriös. In den Abschlusskosten ist die Provision, die in der Prämie einkalkuliert ist, bereits enthalten. Eine individuelle Provisionsoffenlegung hat nichts mit einem be-darfsgerechten Produkt für Kunden zu tun. Das zu begrüßende Ziel des Gesetzgebers, Transparenz zu fördern, würde so konterkariert.
 
Eine zwingende Offenlegung der individuellen Provision der Vermittler würde darüber hinaus nicht zur Transparenz für den Verbraucher beitragen, sondern zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen führen. Die deutschen Versicherungsvermittler for-dern die Politik auf, die mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) gefunde-ne Lösung der Offenlegung der gesamten Abschlusskosten („Gesamtkostenaus-weis“) langfristig festzuschreiben, um nicht weitere Verunsicherungen zu Lasten des Verbrauchers zu riskieren.

5. Verbot von Kopplungsgeschäften / Querverkäufen

Wir hätten es im Zuge der Umsetzung der IDD begrüßt, wenn die gesetzliche Rege-lung des § 492 a BGB aus dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie als Blaupause für alle Kopplungsgeschäfte übernommen worden wäre.

Das dort weitgehende Verbot für Kopplungsgeschäfte entspricht unserer Auffassung. Es ist nach unserem Kenntnisstand gängige Praxis, dass durch Kreditinstitute im Zusammenhang mit der Vergabe von Existenzgründungsdarlehen oder anderen Kredi-ten eine breite Palette von Versicherungen angeboten wird, die der Verbraucher zu-sammen mit dem Kreditvertrag erwerben kann. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass, angesichts der besonderen Bedeutung dieser Geschäfte für die Ver-braucher einerseits und des Geschäftsgebarens der Kreditinstitute andererseits, sich Kopplungsgeschäfte nachteilig auf sachgerechte Entscheidungen des Verbrauchers auswirken.

Es ist zwar nachvollziehbar, dass im Zusammenhang mit der Kreditvergabe beste-hende Risiken durch vorhandene Ausfallmechanismen abgemildert werden sollen, insbesondere das Ausfallrisiko im Falle des Todes oder einer Berufsunfähigkeit, ebenso das Ausfallrisiko des finanzierten Objektes. Hier sollte aber generell nicht in bestehende Versicherungsverträge eingegriffen werden können. Es erhebt sich daher der Anschein, dass in der Praxis der kreditsuchende Verbraucher seitens des Kreditinstituts animiert wird, bestehende Versicherungsverträge zu kündigen, damit neue Versicherungsverträge durch die Vermittlung des Kreditinstitutes abgeschlossen werden. Dies führt vor allem bei bestehenden Lebensversicherungsverträgen zu finanziellen Nachteilen für den Verbraucher. Wir sind deshalb der Auffassung, dass zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, nämlich der Schutz des Verbrauchers, den Kreditinstituten untersagt werden sollte, im Zusammenhang mit der Kreditvergabe weitere Dienstleistungen und Produkte zu vermitteln. Die Kreditinstitute sollten keinesfalls bei den Kunden den Gedanken erzeugen, dass durch die Inanspruchnahme weiterer Dienstleistungen oder Produkte die Entscheidung über die Kreditvergabe beeinflusst wird.

6. Fazit

Der BVK begrüßt den Willen der Bundesregierung und des Bundestages, die natio-nale Umsetzung der IDD zeitnah voranzutreiben. Dabei begrüßen wir insbesondere auch die Entscheidung zur gesetzlichen Regelung des Provisionsabgabeverbotes, die Verankerung der Provision/Courtage als Leitvergütung, die Bestätigung der Transparenzvorschriften sowie die Ausweitung des Anwendungsbereiches auf den Internetvertrieb und damit die Erweiterung der Beratungs- und Dokumentationspflichten auf alle Vertriebswege. Der BVK fordert, dass generell eine Vermittlungstätigkeit ohne Beratung nicht ermöglicht werden darf, da dies nicht im Sinne des Verbraucherschutzes ist!

Nachbesserungsbedarf sieht der BVK insbesondere beim Thema Kopplungsgeschäf-te, bei dem eine weitergehende gesetzliche Regelung entsprechend der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und weniger Ausnahmetatbestände für Kreditinstitute unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes wünschenswert wäre. Außerdem fordert der BVK mehr Flexibilität bei den Vergütungsmodellen.

Der BVK begrüßt, dass viele seiner Forderungen vom Gesetzgeber aufgegriffen wurden und sieht sich insoweit in vielen Punkten bestätigt.


Verabschiedet durch die Mitgliederversammlung des BVK
Bonn, den 18.05.201