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Leitantrag des Präsidiums „Altersvorsorge und EU-Provisionsverbot – Überbordende Regulierung gefährdet den sozialpolitischen Auftrag der Vermittler!“

1. Reform der privaten Altersvorsorge

Für die im Koalitionsvertrag angekündigte grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge soll die vom Bundesfinanzministerium eingesetzte Fokusgruppe Altersvorsorge bis zum Sommer 2023 Reformvorschläge erarbeiten. Es bleibt abzuwarten, welche Vorschläge die Bundesregierung aufgreifen wird. Die Vermittler fordern, Reformen zügig einzuleiten, um auch angesichts der derzeit hohen Inflation spätere Altersarmut zu verhindern. Gegenüber einer Reform der privaten Altersvorsorge mit Augenmaß sind die Vermittler aufgeschlossen. Der BVK hat seine Ideen in die Fokusgruppe eingebracht und begleitet den Prozess weiterhin konstruktiv.

Die Vermittler fordern, auch weiterhin als sachverständige Ratgeber für ihre Kunden zentrale Ansprechpartner bleiben zu können. Schließlich erfüllen die Versicherungsvermittler seit jeher einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag.

Der BVK sieht jedoch die Pläne kritisch, die mangelnde Finanzierung der gesetzlichen Rente mit zehn Milliarden Euro auszustatten, die über einen Staatsfonds am Kapitalmarkt angelegt werden sollen. Dies wird nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein und so keine lebensstandardsichernde Rente für Millionen ermöglichen.

2. Vorschläge der Vermittler für eine Riester-Reform

Grundsätzlich begrüßenswert ist der im Koalitionsvertrag beabsichtigte Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge. Der BVK lehnt weiterhin die Einführung auch online vertriebener Standardprodukte für die private Altersvorsorge ab (u.a. den Vorschlag einer Einführung einer sogenannten Bürgerrente). Beratung ist wichtig und muss auch angemessen entlohnt werden. Ein Vertrieb ohne Beratung widerspricht dem Verbraucherschutzgedanken.

Die Vermittler fordern, die Riester-Rente weiterzuentwickeln und zu entschlacken. Hier könnte vor allem bei den Garantien angesetzt werden. Zum Beispiel ist die Beitragsgarantie für die Anbieter kaum noch darstellbar. Sie bindet das Altersvorsorgekapital der Riester-Sparer unnötig an zwar sichere, aber dafür niedrigverzinste Kapitalanlagen, die inflationsbereinigt sogar weniger als 100 % rentieren können. Wenn dagegen die Beitragsgarantie (zumindest teilweise) wegfiele, könnten die Anbieter die Kundengelder chancenreicher anlegen, was wiederum die Rendite heben würde.

Zudem könnte das umständliche Zulagenverfahren über die Zentralstelle für Altersvorsorgevermögen entbürokratisiert und vereinfacht werden. Auch eine Rückforderung von ehemals gewährten Zulagen muss ausgeschlossen werden. Durch die Öffnung der Riester-Rente für weitere Berufsgruppen, wie beispielsweise für Selbständige, könnten Vorsorgemöglichkeiten für eine größere Anzahl von Personen geschaffen werden.

Schließlich könnten auch steuerliche Aspekte berücksichtigt werden. So könnte die Deckelung der steuerlichen Anerkennung der Höchstfördergrenze angehoben werden ebenso wie die Deckelung des Schonvermögens von bis zu 202 Euro monatlich für Bezieher staatlicher Leistungen im Alter, denn gerade diese befürchten zu Recht, dass ihre hart ersparte Altersvorsorge zukünftig auf mögliche Sozialleistungen angerechnet wird. Deshalb setzt sich der BVK schon seit Jahren für ein vollumfängliches Schonvermögen ein.

Es wird deutlich, dass das Modell der Riester-Rente noch erhebliches Potenzial hat. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 34 Millionen Bundesbürger über die staatliche Riester-Förderung für ihr Alter vorsorgen könnten. Es kommt daher jetzt darauf an, die Riester-Rente zukunftsfest zu machen.

3. Debatte um EU-Provisionsverbot/Europäische Finanzmarktregulierung

Der ursprüngliche Vorschlag von EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness, auf europäischer Ebene im Rahmen der „Retail Investment Strategy“ ein Provisionsverbot einzuführen, konnte vorerst abgewendet werden. Eine solche Maßnahme würde die Existenzgrundlage vieler selbständiger Vermittlerbetriebe gefährden und möglicherweise dazu führen, dass sie gezwungen sind, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen. Der BVK wird sich im kommenden Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene weiter sehr intensiv einbringen, um die Entscheidungsträger davon zu überzeugen, dass ein Provisionsverbot verbraucherfeindlich ist.

Dies könnte auch negative Auswirkungen auf die zahlreichen Arbeitsplätze und die Wirtschaft insgesamt haben. Darüber hinaus würde ein Provisionsverbot die Vielfalt und den Wettbewerb auf dem Markt einschränken.

Zudem liegen der Bundesregierung und der BaFin keine Erkenntnisse vor, nach denen die Provisionen in Deutschland systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führen. Schließlich sind in der Vergangenheit zahlreiche Regulierungen in Kraft getreten, die die von den Befürwortern eines Provisionsverbots kritisierten Fehlanreize weitgehend eliminiert haben. Auch die alljährlichen Veröffentlichungen des Versicherungsombudsmann mit verschwindend geringen Beschwerdequoten zeigen diese Entwicklung.

Daher fordern die Vermittler, Überlegungen hin zu einem Provisionsverbot zu verwerfen. Aufgrund der fehlenden Stornohaftung bietet die Honorarberatung dem Verbraucher nicht per se einen Mehrwert hinsichtlich des Verbraucherschutzes. Der BVK spricht sich daher für eine Wahlfreiheit des Vergütungssystems aus.

Zudem würde ein Verbot zu einem voraussichtlichen Anstieg des beratungsfreien Geschäfts führen, welches ein niedrigeres regulatorisches Schutzniveau bietet und eine besondere Finanzkompetenz erfordert. Vertrieb ohne Beratung entspricht aber nicht Verbraucherschutzgedanken des BVK und wird daher von den Vermittlern abgelehnt.

4. Nachhaltigkeit

Vermittler müssen beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten Fragen im Hinblick auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen sowie die für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten geltenden Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln beachten. Der BVK begrüßt, dass auch Finanzanlagenvermittler demnächst Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden abfragen müssen. Eine rechtliche Gleichstellung bei der Abfragepflicht zwischen den Versicherungsvermittlern und den Finanzanlagenvermittlern hatte der BVK seit Längerem gefordert und sieht sich nun bestätigt.

Damit soll erreicht werden, dass die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bei der Kapitalanlage, unter anderem von Lebensversicherungsunternehmen, unterstützt werden. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung des Klimawandels, sondern unter dem Kürzel „ESG-Kriterien“ allgemein um ökologische und soziale Ziele und eine gute Unternehmensführung (Governance). Versicherungsvermittler sind hiervon betroffen, sofern sie Versicherungsanlageprodukte vermitteln.

Der BVK befürwortet das Thema „Nachhaltigkeit im Vertrieb“ als wesentliches Zukunftsthema und hat eigens die Initiative nachhaltiger-vermittlerbetrieb.de initiiert.

Nachhaltige Versicherungsprodukte werden zunehmend von den Kunden nachgefragt, obwohl es sich überwiegend noch um Nischenprodukte handelt. Die Vermittler werden die Chancen dieses Wachstumsmarktes nutzen. Dennoch sehen wir beim Thema Produkte noch Anpassungsbedarf. Hier sind nun die Versicherer gefragt, Vermittler besser über entsprechende Produkte zu informieren.

Eine stärkere Förderung nachhaltiger Produkte und mehr Transparenz bei der Nachhaltigkeit der Anlagen sind wünschenswert. Statt Bonifikationen auf Basis von Vertriebssteuerungen bei Exklusivvertrieben sollte zur Kompensation eine Anpassung der Vergütung, verteilt auf die Laufzeit, zur Erhöhung der Nachhaltigkeit umgeschichtet werden.

5. Fazit

Die Versicherungsvermittler begleiten die anstehenden Reformen in der privaten Altersvorsorge konstruktiv und fordern auch weiterhin, als sachverständige Ratgeber für ihre Kunden zentrale Ansprechpartner bleiben zu können. Zudem fordern sie von der Politik die Berücksichtigung ihrer Vorschläge zur Riester-Reform sowie eine kritische Überprüfung der aktuellen Vorhaben zur Altersvorsorge auf nationaler und europäischer Ebene.

Bei der Europäischen Finanzregulierung hält der BVK die vorhandenen, rechtlichen Rahmenbedingungen für ausreichend. Eine weitere Regulierung lehnen die Vermittler daher ab. Denn jede neue Regelung am Markt bringt für den Versicherungsvertrieb zusätzliche Verpflichtungen, ist kostenintensiv und führt zu neuen bürokratischen Belastungen.

Der BVK fordert, Überlegungen zu einem Provisionsverbot zu verwerfen. Eine solche Maßnahme würde die Existenzgrundlage vieler Vermittler gefährden und möglicherweise dazu führen, dass sie gezwungen sind, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen. In der Vergangenheit sind zahlreiche Regulierungen in Kraft getreten, die die von den Befürwortern eines Provisionsverbots kritisierten Fehlanreize weitgehend eliminiert haben. Der BVK spricht sich daher für eine Wahlfreiheit des Vergütungssystems aus.

Der BVK befürwortet das Thema „Nachhaltigkeit im Vertrieb“ als wesentliches Zukunftsthema. Dennoch sehen wir beim Thema „Produkte und Vergütung“ noch Anpassungsbedarf. Eine stärkere Förderung nachhaltiger Produkte und mehr Transparenz bei der Nachhaltigkeit der Anlagen sind wünschenswert.

Verabschiedet durch die Mitgliederversammlung des BVK

Münster, 11. Mai 2023